Mosel Mike Quaide
© Pancake! Photographie

The Good Life Ein Amerikaner in Luxemburg

4 minutes

Äddi ciao tipptopp

Mike McQuaide, „An American in Luxembourg“, ist begeisterter Botschafter für schöne Orte und am liebsten auf zwei Rädern unterwegs. Schreibt er nicht gerade an einem Buch, dokumentiert er seine Erlebnisse auf YouTube, Instagram und Co. Lernt man ihn kennen, trifft man einen Menschen, der mit fast kindlichem, fröhlichem Blick offen durchs Land radelt und vor allem eins sammelt: positive Begegnungen.

Theaterränge aus Stein. Ein Mann, nur als dunkle Silhouette im Gegenlicht des frühen Morgens zu sehen, vom ersten Herbstnebel umwallt. Heldenpose. Die Hand erhoben, den Totenschädel fest im Griff und im Blick. „Sein oder Nichtsein; das ist hier die Frage: Obs edler im Gemüt, die Pfeil´ und Schleudern des wütenden Geschicks erdulden, oder …“ 

Stopp! Nur nicht so ernst! Der da steht, ist nicht Shakespeares Hamlet, es ist Mike McQuaide. Und in der Hand hält der „Exil“-Amerikaner keinen Schädel, sondern sein Smartphone. Er macht eines seiner bekannten und beliebten Selfie-Videos. „Moien! Wéi geet et? Ech sinn de Mike!“ Den kleinen Film dreht er frühmorgens im römischen Theater von Dalheim.

Mike Quaide Schengen
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Vlogger aus Leidenschaft

Mike McQuaide lebt seit 2013 in Luxemburg. Seine Frau hatte damals ein Jobangebot im Großherzogtum, und so packte Familie McQuaide ihre Koffer und zog von Seattle hierher. Mike, der in den USA bereits viele Jahre als Journalist gearbeitet hatte, jobbte als Englischlehrer, schrieb aber auch immer weiter Texte. In diesen verarbeitet er sein neues Leben in Luxemburg. Bei ihm kommen verschiedene Leidenschaften zusammen: Sport und besonders Fahrradfahren; Land und Leute kennenlernen; und unterhaltsam Geschichten erzählen. „Ein Amerikaner in Luxemburg“ war geboren.

Als Buch, das 2017 erschien und 2018 einen Publikumspreis bekam. Und natürlich in Form von kleinen, lustigen Videos „on the road“, die mittlerweile eine große Fangemeinde im Inund Ausland haben. Das Handy ist als Kamera immer dabei, wenn Mike sich aufs Rad schwingt und losfährt, um Luxemburg zu entdecken. 

Ein Auto besitzt er keins, auch der Umwelt zuliebe. Vom Wohnsitz in der Hauptstadt aus ist er am liebsten mit den kostenlosen öffentlichen Verkehrsmitteln und eben seinem Rad unterwegs. Heute, an diesem sonnigen Herbsttag, an dem die ersten Blätter schon gefärbt sind, fährt Mike mit seinem Bike durch die Mosel-Region. Die Tour verläuft – zufällig – zu großen Teilen auf der „Straße der Römer“, die von Dalheim über Remerschen, Wellenstein, Grevenmacher und Mertert nach Echternach führt

Mike Quaide Dahlheim
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Nach dem kleinen Intermezzo im Theater schwingt sich Mike auf sein schwarzes Carbon-Rad in Richtung Bad Mondorf. Man sieht sofort: Biken macht ihm einfach Spaß. Er lächelt, macht Faxen, grüßt andere Radler. Bergig wird es, und Mike hebt sich aus dem Sattel, der Rahmen schwingt energisch hin und her. Auf einmal die volle Wucht der schönen Landschaft: Nebel zwischen Hügeln und Bäumen. Traumhaft.

In Bad Mondorf lenkt Mike sein Velo in Richtung Park und steigt ab. Im einzigen Kurort des Landes gibt es ein großes Thermalbad. Drinnen: eine Wellness-Oase mit Sauna, Spa, Fitness und vielen Anwendungen. Der Park rundherum ist ideal, um zu flanieren, Station zu machen – und um Leute zu treffen. In Mondorf treffen sich alle: Politiker, Schauspieler und andere prominente Luxemburger sind hier unterwegs. „Hey, ist das nicht André Mergenthaler dort drüben?“ Hinter dem Brunnen, der eine Szene aus der luxemburgischen Fabel „Die Maus Ketti“ zeigt, schlendert ein schmaler Mann mit Glatze, Brille, Sporttasche, schwarzer Jacke und Jogginghose vorbei. Ja, er ist es! Der Cellist aus dem Süden des Landes ist in verschiedenen Musikrichtungen zu Hause – „alles außer Klassik“. „Hi, wie geht es?“, fragt Mike breit grinsend. André ist gut gelaunt. Er hat eben ein paar leichte Fitnessübungen gemacht, um seine Cellisten-Haltung auszugleichen. Immerhin zwei Mal pro Woche kommt er her. André ist auch Bike-Fan, „wie ein kleiner Junge“, sagt er; zu Hause hat er ganz viele Vintage-Bikes und ein neues Gravel Bike. Die beiden fachsimpeln ein wenig rund um ihre Räder. „Bikes are the common language“, sagt Mike, und André nickt. Wie Musik.

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Kleines Dorf ganz groß

Weiter geht es nach Schengen. Hier wurde das gleichnamige Abkommen unterzeichnet, das jedem, der gerne unterwegs ist, den Grenzübertritt erleichtert. An der Promenade ist eine riesige sternförmige, mit Edelrost überzogene Skulptur aufgestellt. Hier können Liebespaare ihre gravierten Schlösser anbringen. Oder Mike. Einmal mehr spürt man seinen Enthusiasmus bei der Suche nach seinem Schloß. „Da! Guck:  Äddi ciao tipptopp! Mein Spruch am Ende meiner Videos!“, sagt er und dreht das Vorhängeschloss in seiner Hand. „Habt Ihr schon die Säulen mit den Nationen gesehen? Ich finde es cool, wie figürlich die Länder dargestellt sind. Und dass man auch die Originalnamen der Länder lesen kann.“ 

Im nächsten Moment spricht ihn eine blonde Frau strahlend an. „Du bist es wirklich, gell? Mike McQuaide. Ich liebe deine Videos!“ Tania ist um die 50 und großer Fahrrad-Fan. Über Jahre hinweg hatte ihre Familie ein Fahrradgeschäft besessen. Und sie kennt die berühmten luxemburgischen Rennradfahrer – die Brüder Schleck –, persönlich. „Die sind mir auch schon begegnet!“, erzählt Mike. „Bad Mondorf ist ja die Heimatstadt der beiden. Da hab ich mich einmal vor ein riesiges Foto von Fränk Schleck gestellt und die Gewinner-Pose aus Spaß nachgemacht und gepostet. Und weißt Du was? Fränk hat das auf Social Media gesehen und mich gefragt, ob wir zusammen Rad fahren wollen. Und das haben wir dann auch gemacht! So cool!“

Von Schengen ist es bis zum Aussichtspunkt Markusberg oberhalb des Ortes nur ein kleiner Tritt in die Pedale. „Ich liebe es. Hier in Schengen kann man einerseits die große Bedeutung für Europa erleben, andererseits ist es ein malerisches, kleines Weindorf. Auch unten das Naturschutzgebiet beim Biodiversum Remich, gar nicht weit weg, ist toll.“

Mike Quaide Mondorf-les-Bains
© Pancake! Photographie

Doch heute macht Mike dort keine Station. Vielmehr geht es weiter nach Wellenstein. Ein pittoresker Ortskern verzaubert mit verwunschenen Ecken. Hinter dem schmiedeeisernen Tor bei einer Land-Tourismus-Wohnung öffnet sich ein origineller Durchgang, mit nicht weniger als fünf steinernen Rundbögen hintereinander.

Da spricht doch jemand Englisch mit amerikanischem Akzent!? Die nächsten Fans erkennen Mike. Und es sind selbst Amerikaner! Justin ist auf Wohnungssuche, zusammen mit seiner luxemburgischen Schwiegermutter. Er will in Luxemburg heimisch werden. Blake aus Kalifornien ist Profi-Basketballer und wohnt schon einige Monate in Wellenstein. Mike macht gut gelaunt Selfies. Und wird danach etwas nachdenklich. Sein Sohn ist nicht älter als die beiden jungen Männer, erzählt er: „Ende der Woche fliegen meine Frau und ich in die USA. Wir besuchen unseren Sohn in Kalifornien. Freue mich drauf. Wir haben ihn lange nicht gesehen“, erzählt Mike. Der Sohn, ab dem Teenie-Alter in Luxemburg aufgewachsen, hat seinen endgültigen Platz noch nicht gefunden. Er schwankt zwischen Luxemburg und Amerika. Nicht so Mike: „Die USA kenne ich zur Genüge. Mein Platz ist jetzt hier.“

Es fährt ein Zug zurück nach Haus

Über sanft geschwungene Straßen geht es dann über Greiveldingen nach Grevenmacher. Hier wird es geschäftiger. Die Mosel zeigt ihre andere Seite: die Frachtschifffahrt. Container und offene Güter werden transportiert. Kies, Schrott, Lebensmittel und mehr finden über den Fluss zu ihren Empfängern. An der Schleuse wartet die letzte Attraktion des Tages, ein abgesägter Rumpf eines Containerschiffes, der zum Aussichtspunkt umgebaut wurde.

Mike steigt auf den Bug und lässt den Blick über die Schleuse und die Mosel schweifen. Doch dann schaut er auf die Uhr. „Oh, demnächst fährt mein Zug in Wasserbillig ab! Ich muss los!“ Schnell wie der Blitz ist er unten an der Promenade und schwingt sich auf sein Rad. Natürlich nicht ohne seine liebsten luxemburgischen Worte: „Äddi ciao tipptopp!“

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